Februar 2013

Neue Wasetfälische vom 22.02.2013

Goetheplatz wirbelt weiterhin Staub auf!

Leser zeigen sich verärgert über Bünder Rat und fragen sich, wie es nun weitergeht
Bünde (ar). Der Goetheplatz bewegt weiter die Gemüter der Bünder. Seit Dienstagabend ist klar, dass sämtliche Planungen bezüglich eines Umbaus eingestellt werden. Die Redaktion erreichten gestern Leserbriefe und viele Anrufe verwunderter, aber auch verärgerter Leser.
Es ging in den Gesprächen um die ungenutzte Fördersumme des Landes und um die Zukunft des Ohrenmenschen, beziehungsweise der damit verbundenen Anerkennung der geschichtlichen Bedeutung des Goetheplatzes. Das Thema und damit auch die Statue des Künstlers Horst Perlick hatten auch die Mitglieder des Rates bei der Diskussion über den Goetheplatz im Blick.

Der Wirtschaftsförderungsausschuss hatte in seiner Septembersitzung mit 15 Ja-Stimmen und einer Enthaltung beschlossen, die Aufstellung des Ohrenmenschen als Erinnerung an den Holocaust in die Umgestaltung des Goetheplatzes einzubeziehen.

Armin Kuschel (UWG) wiederholte am Dienstagabend, dass der Goetheplatz einen symbolischen Wert besitze und der Ohrenmensch - wenn er denn aufgestellt wird - eben genau auf diesen Platz gehöre. Dafür müsse man aber nicht den gesamten Platz umgestalten. "Da reicht ein kleines Fundament für den Sockel", so Kuschel.

Das fanden auch andere Ratsmitglieder. Arndt Settnik (Grüne) wünschte sich, dass der Rat einen entsprechenden Beschluss zur Aufstellung der Statue fassen solle. Ein Antrag zur Abstimmung wurde aber letztlich nicht gestellt. So bleibt zunächst offen, wie es mit dem Ohrenmenschen und dem Platz in Bünde weitergeht.

Die SPD forderte indes, dass auch über die Umbenennung des Goetheplatzes in Spanierplatz beraten werden solle. Dieses Anliegen wurde aber auch nicht vertieft.

Die Neue Westfälische hatte Anfang der Woche die Bünder gefragt, ob sie für oder gegen eine Umgestaltung des Goetheplatzes sind. Mitgemacht haben 435 Bünder. Von ihnen waren 44,4 Prozent (193 Stimmen) für einen Umbau und 55,6 Prozent (242 Stimmen )gegen eine Umgestaltung.

Neue Westfälische vom 13.02.2013

Auch ohne neuen Goetheplatz würde Künstler Horst Perlick den "Ohrenmenschen" dort aufstellen FOTO: KARL-HENDRIK TITTEL

Mahnmal ohne Platz

Bünde. Für den Künstler Horst Perlick war die Entscheidung des Planungsausschusses in der vergangenen Woche, den Goetheplatz nun doch nicht umzugestalten, "sehr schmerzhaft", wie er selbst sagt. Ob das nun aber auch das Aus für seine Skulptur "Ohrenmensch" bedeutet, ist schlussendlich noch offen. Die Ratsfraktionen erscheinen da eher leidenschaftslos. Und das Geld für das Kunstwerk ist dank Sponsoren da.
"Die Aufstellung der Skulptur am Goetheplatz lag mir sehr am Herzen", so Horst Perlick gestern im Gespräch mit der NW. "Sicher hängt jeder Künstler an seinem Werk, aber ich finde es besonders bedauerlich für Bünde, denn mit dem Ohrenmenschen ist mehr verbunden als nur Kunst." Perlick erinnert in dem Zusammenhang noch einmal an die jüdische Familie Spanier, die bis zur Reichspogromnacht 1938 ein Geschäft an dem Platz hatte, das dann von den Nationalsozialisten angezündet wurde. Drei Familienmitglieder wurden damals im Konzentrationslager ermordet.
"Der Ohrenmensch sollte ein Mahnmal sein", sagt Horst Perlick, "aber offenbar wird das nicht von allen so gesehen. Ich weiß auch nicht, was in den Köpfen vor sich geht. Vielleicht will man sich auch einfach nicht mit der Vergangenheit befassen", sagt der Künstler. Aber kein Mensch könne in die Zukunft blicken, ohne die Vergangenheit zu kennen. Perlick ist der Ansicht, dass auch die Diskussionen um den "Ohrenmenschen" und um die Umbenennung des Goetheplatzes in Spanierplatz mit auch kritischen Stimmen eher der Grund waren, das Projekt aufzugeben.

Geht es nach Perlick, würde die Skulptur trotzdem auf dem Goetheplatz installiert – auch ohne Sanierung –, wenn dieser mit relativ geringerem Aufwand optisch aufgewertet würde. Und bevor er gar nicht aufgestellt würde, könne der Künstler sich auch einen anderen Platz in Bünde für den "Ohrenmenschen" vorstellen.

CDU-Fraktionschef Georg Kruthoff nennt hier als Alternative den Steinmeisterpark. "Wenn man will, dass sich die Menschen mit einer Skulptur und deren Sinn beschäftigen, muss sie an einem Platz mit der nötigen Ruhe aufgestellt werden", sagt Kruthoff. Der Goetheplatz mit seinen vielbefahrenen Straßen sei da nicht der richtige Ort. Das wenige Geld, das die Stadt Bünde derzeit zur Verfügung habe, müsse auf einen Platz konzentriert werden, "und das ist der Steinmeisterpark", sagt der Unions-Fraktionsvorsitzende.

Martin Lohrie (FDP) sagt: "So lange es nichts kostet und es entsprechende Sponsoren gibt, soll man den Ohrenmensch auch am Goetheplatz aufstellen." Ähnlich sieht es UWG-Vorsitzender Armin Kuschel. "Wenn denn entschieden würde, die Skulptur am Goetheplatz aufzustellen, würden wir uns nicht querstellen", so Kuschel.
von Gerald Dunkel

Neue Westfälische vom 09.02.2013

Projekt Goetheplatz geplatzt!

Planungsausschuss kippt Umgestaltung / Skulptur "Ohrenmensch" ohne Aufstellplatz

Bünde. Einen Kreisverkehr am Goetheplatz nach Vorstellung der Stadt Bünde hat die Straßenbaubehörde Straßen.NRW abgelehnt. Dieser sollte auf Antrag der CDU aus dem vergangenen Jahr in die Planungen zur Umgestaltung des Platzes mit einbezogen werden. Der Planungsausschuss hat das gesamte Projekt Goetheplatz mit Gegenstimmen der SPD nun komplett gekippt.
Der Goetheplatz sollte als Eingangstor zur Bünder Innenstadt gestalterisch aufgewertet werden. So hieß es noch vor fünf Monaten, als sich der Planungsausschuss für die Umgestaltung des Areals entschied. Im Nachgang dazu beantragte die CDU-Fraktion einen Kreisverkehr in die Planungen aufzunehmen, der den Nordring, die Lübbecker Straße und die Straße Am Brunnen verbinden sollte. Dadurch sollte der Verkehrsfluss besonders für die Verkehrsteilnehmer verbessert werden, die aus dem Nordring kommen.
Seit Donnerstagabend ist die Umgestaltung ad acta gelegt. Alles bleibt wie es ist. Thomas Schuh vom Bereich Planen und Bauen legte dar, dass bei einem Gespräch mit der Straßenbaubehörde Straßen.NRW in Bielefeld herauskam, dass ein Kreisverkehr nur genehmigt würde, wenn dieser einen Durchmesser von 35 Metern hat. Die Kosten hierfür würden sich auf mehr als 400.000 Euro belaufen, die die Stadt allein zu tragen hätte. Für Bünde "nicht finanzierbar und nicht realisierbar", so Schuh. Eine kleinere Variante lehnte Straßen.NRW ab.

Die Vorgaben der Straßenbaubehörde bezeichnete Christoph Lübeck (CDU) als "maßlos übertrieben" und fügte an: "Unter diesen Voraussetzungen sind wir generell gegen die gesamte Umgestaltung des Goetheplatzes." Lübeck hatte die Einplanung eines Kreisverkehrs in das Gesamtkonzept Goetheplatz vorangetrieben. Armin Kuschel (UWG) stellte daraufhin den Antrag, die Umgestaltung aufzugeben. Dem wurde mehrheitlich zugestimmt.

Kuschel begründete seine Entscheidung allerdings allein mit Blick auf die Finanzen der Stadt. "Das Geld können wir sparen und fegen den Platz lieber einmal ordentlich durch und fertig." Etwa 400.000 Euro hätte die Umgestaltung gekostet, 60 Prozent davon hätte das Land als Förderung zugeschossen.

"Aus verkehrstechnischer Sicht ist ein Kreisverkehr an dieser Stelle nicht sinnvoll", erklärte der Technische Beigeordnete Dr. Andreas Siepenkothen und plädierte für eine Ausbauvariante ohne Kreisverkehr. Er wies außerdem darauf hin, dass bei einer Aufgabe des Projekts die bereits entstandenen Planungskosten verloren wären. Laut Ausschussvorsitzendem Horst Beck (SPD) gestern im Gespräch mit der NW sei das schon ein fünfstelliger Betrag. "Es bleibt auch noch abzuwarten, ob man der Planerin Schadenersatz zu zahlen hat", so Beck.

Dass das Geld verloren sei, sah Armin Kuschel anders: "Die Planungen können wir auch noch später brauchen, wenn wir die Straße sowieso einmal erneuern müssen." Kuschel schloss nicht aus, dass das Konzept dabei erneut aufgegriffen werden könne.

Margitta Ransiek (SPD) argumentierte, dass man den Ausbau auch ohne Kreisverkehr vornehmen solle, schließlich hätten auch die Anwohner die Umgestaltung gewollt. Armin Kuschel warf dazu ein, dass die Anwohner des Goetheplatzes den Umbau nicht gewollt, sondern sich lediglich damit einverstanden erklärt hätten.

Nicht erörtert wurde am Donnerstagabend die Frage, was aus der in den vergangenen Wochen immer mehr umstrittenen Skulptur "Der Ohrenmensch" werden soll. Sie sollte im Rahmen der Umgestaltung auf dem Goetheplatz als Mahnmal gegen den Nationalsozialismus aufgestellt werden. "Die Skulptur am Goetheplatz, so wie er jetzt ist, aufzustellen, kann ich mir nicht vorstellen", sagte Bürgermeister Wolfgang Koch gestern auf Nachfrage.

Die Entscheidung, die Umgestaltung des Platzes aufzugeben, könne er zudem nachvollziehen. "Es war sowieso zweifelhaft, ob der Goetheplatz dadurch die Aufenthaltsqualität bekommen hätte, die man sich davon erwartet hat", so Koch. Insofern könne man sich die Ausgaben sparen.
von Gerald Dunkel