Mai 2013

Neue Westfälische vom 29.05.2013

Gespannt: Künstler Horst Perlick wartet auf die Entscheidung heute Nachmittag.

Entscheidung über "Ohrenmensch"

Netzwerkgruppe tagt heute / Bürgermeister will sich jetzt für eine Aufstellung der Skulptur aussprechen

Von Gerald Dunkel
Bünde. Ob am Goetheplatz künftig der "Ohrenmensch" installiert wird, soll sich heute Nachmittag entscheiden. Die Netzwerkgruppe, die als Förderverein für das immer umstrittenere Kunstwerk fungiert, will einen Entschluss fassen. Das Mahnmal soll an die jüdische Familie Spanier erinnern, die bis zur Reichspogromnacht an dem Platz ein Geschäft hatte. Drei Familienmitglieder wurden von den Nazis ermordet.

Nachdem der Planungsausschuss im Februar die Umgestaltung des Goetheplatzes kippte, schien für viele Ratsmitglieder klar zu sein, dass auch die Diskussion um das Mahnmal "Ohrenmensch" beendet ist - zumindest zeigten sich die meisten Fraktionen eher leidenschaftslos. Die CDU konnte sich damals als Alternativstandort den Steinmeisterpark vorstellen. FDP und UWG wollten sich einer Installation am Goetheplatz nicht verweigern, solange es die Stadt nichts kostet. Die Grünen sahen eine mögliche "Verzettelung", da schon am jüdischen Friedhof ein Mahnmal stehe.

Bürgermeister Wolfgang Koch konnte sich seinerzeit die Skulptur "am Goetheplatz wie er jetzt ist", also ohne Umgestaltung, nicht vorstellen. Heute will er aber eines von den Mitgliedern der Netzwerkgruppe sein, die sich für eine Aufstellung dort aussprechen wollen. "Ich bin prinzipiell dafür, habe da aber eine andere Idee", so der Bürgermeister gestern im Gespräch mit der Neuen Westfälischen. Ursprünglich war geplant, eine etwa zwei Meter große Bronzeskulptur zu installieren. Koch nannte Alternativen: "Man könnte einerseits die etwa 50 Zentimeter große Bronzeskulptur auf einem Sockel am Goetheplatz aufstellen und parallel dazu eine große aus Stein in der Gedenkstätte Yad Vashem in Israel. Oder umgekehrt: am Goetheplatz die Steinskulptur und die Bronze in Israel."
Das würde nach Ansicht Kochs den mahnenden Gedanken dahinter "mindestens genauso gut darstellen". Der Bürgermeister nennt als Grund für diese Varianten, dass eine große Bronzeskulptur allein wegen des Materials zu wertvoll sei und auch Diebe auf den Plan rufen könnte. Am Goe-theplatz als Aufstellort will er aber grundsätzlich festhalten, "weil dort das Haus der Familie Spanier gewesen ist", so Koch.

Doch stoßen die Ideen beim Künstler Horst Perlick auf wenig Gegenliebe. "Ich habe lange Zeit nichts Gegenteiliges, aber auch nichts Befürwortendes vom Bürgermeister gehört", so Perlick, der anfügt, dass die Skulptur aus Stein nicht zu machen sei. Zur Idee, ein Pendant in Israel aufzustellen, sagt er: "Yad Vashem hat sich hierzu noch gar nicht geäußert und müsste erst gefragt werden."

SPD-Fraktionschef Horst Beck sagt: "Die Skulptur in Bronze hat eine ganz andere Aussagekraft als eine aus Stein. Und um eine so große Skulptur wegzuschaffen, braucht man schon einen Kran." Beck sieht den optimalen Aufstellort wegen des Bezugs zur Familie Spanier am Goetheplatz. Nicht zuletzt, weil es auch der Wunsch der Familie ist, die einen Großteil der Kosten für das Kunstwerk trägt. "Wenn es dort denn absolut nicht sein soll, wäre als Alternative auch der neue Eingang zum Steinmeisterpark denkbar", so Horst Beck gestern im NW-Gespräch. Fest steht für ihn, "dass sich der Förderverein selbst abschafft, sollte er sich heute gegen eine Aufstellung des Ohrenmenschen aussprechen".

"Letztendlich", so Horst Perlick, "liegt es mir aber so am Herzen, dass ich auch zustimmen würde, wenn nur die kleine Skulptur auf einem Grünstreifen am Goetheplatz aufgestellt würde, bevor sie gar nicht aufgestellt wird."